ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUR BERATERHAFTUNG SOWIE ANLAGESCHÄDEN

Als Grundlagen der Haftung für fehlerhafte Anlageberatung kommen mehrere Haftungsgrundlagen in Betracht:

Haftungsgrundlagen:

Beratungsvertrag oder ein anderes Vertragsverhältnis (etwa Giro- oder Kreditvertrag, ständige Geschäftsverbindung, vorvertragliches Schuldverhältnis, Irrtumsanfechtung

Die Haftung des Anlegerberaters erfuhr in den letzten Jahren eine stets zunehmende Verschärfung.

Pflichten und Haftung eines Anlageberaters/der Bank:

Der Berater schuldet jedenfalls bestmögliche, differenzierte, fundierte und auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Beratung. Die Rechtsprechung zur Beraterhaftung ist sehr einzelfallbezogen. Der notwendige Beratungsumfang hängt im Einzelnen von der Eigenständigkeit, Informiertheit, Erfahrenheit etc des Kunden ab. Große Bedeutung kommt dem Risikoprofil zu, daher es ist zu unterscheiden ob es sich z.B. um eine Hausfrau, die mit der Anlage eine Altersvorsorge erreichen will oder um einen in Finanzangelegenheiten erfahrenen vermögenden Manager, der etwas Kapital quasi als „Spielgeld“ einsetzt, handelt. Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der Kunde, umso weit reichender die Aufklärungspflichten bei der Beratung. Wenn der Anleger schon von sich zur Vornahme eines bestimmten Geschäftes entschlossen erscheint, werden die Aufklärungs– und Beratungspflichten des Beraters verringert.

Der Berater ist zudem verpflichtet, sich vorab über die Wirtschaftlichkeit der Anlage zu informieren. Auch Informationen über das Rating eines Produktes sind einzuholen. Verfügt der Berater nicht über die notwendigen Informationen, ist auch dies dem Klienten mitzuteilen. Fremdsprachige und finanztechnische Begriffe sind im Zweifel bei der Beratung zu vermeiden, jedenfalls aber abzuklären.

Bei der Veranlagung in Aktien ist auch darauf hinzuweisen, dass damit auch das Risiko eines 100%-igen Verlustes verbunden sein kann.

Der Berater hat einen dem WAG gemäßen kundenspezifischen Eignungstest durchzuführen, daher über den Kunden Informationen einzuholen, die es ermöglichen sollen, das dessen Bedürfnissen am besten entsprechende Anlageprodukt zu finden. Bei Verletzung bloßer  Dokumentationspflichten besteht kein Schadenersatzanspruch.

 

Bei einem Anlegeberater handelt es sich um einen Sachverständigen; entscheidend ist daher für den Sorgfaltsmaßstab dem er unterworfen ist, der Leistungsstandard seiner Berufsgruppe.

Ein Anlageberater kann sich daher aufgrund des rein objektiven Sorgfaltsmaßstabes nicht mit dem Hinweis auf fehlende subjektive Fähigkeiten frei beweisen. Ein Anlageberater ist  dazu verpflichtet, sich ständig fortzubilden und auf dem Laufenden zu halten. Selbst für einen unentgeltlichen Rat und ohne zu einem solchen verpflichtet zu sein, welcher jedoch nicht gänzlich selbstlos erfolgte, kann der Anleger in Haftung genommen werden. Dies trifft z.B. zu, wenn für den konkreten Rat zwar kein Honorar vereinbart ist, der Ratgeber jedoch vom anderen Vertragsteil für die Veranlagung eine Provision erhält. Die Tätigkeit des Beraters ist dann als entgeltlich zu beurteilen und unterliegt dem Sachverständigenhaftungsregime des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches. Keine selbstlose Beratung liegt etwa vor, wenn die Veranlagung im Rahmen des Konzernverbundes auch der Hausbank zugute kommt.

Stillschweigender Anlageberatungsvertrag für Haftungsinanspruchnahme  ausreichend:

Ein sog. stillschweigender Abschluss eines Beratungsvertrages kann zu einer Haftung der Bank oder des Beraters führen. Dies wenn der Kunde erkennbar eine Vermögensdisposition treffen möchte und die Bank / der Berater durch die Beratung das Zustandekommen des Geschäfts fördern will, sodass davon auszugehen ist, dass beide Seiten die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten machen wollen.

Beim Abschluss von Effektengeschäften treffen die Bank nach ständiger Rechtsprechung auch ohne Bestehen eines Beratungsvertrages besondere Aufklärungs; - und Beratungspflichten.

Wertpapieraufsichtsgesetz ein Schutzgesetz?

Strittig ist, ob es sich bei den Wohlverhaltensregeln des WAG (Abkürzung für Wertpapieraufsichtsgesetz) 2007 um ein Schutzgesetz handelt.

Die Einstufung der WAG Regeln als Schutzgesetz würde bedeuten, dass für die Inanspruchnahme einer Haftung des Anlageberaters nur erforderlich wäre, dass dieser gegen dieses Schutzgesetz verstoßen hat. Ein Verschulden des Schädigers müsste sich diesfalls  nicht auch auf den Schadenseintritt beziehen. Bei der vertraglichen Beziehung muss der Schädiger zur Abwendung einer Haftung auch beweisen, dass ihn kein Verschulden an der Verletzung des Schutzgesetzes trifft.

Sieht man im WAG jedoch nur eine Konkretisierung der vor–, haupt – und nebenvertraglichen Schutz-, Aufklärungs– und Sorgfaltspflichten des Rechtsträgers gegenüber seinem Kunden, müsste der Anleger beweisen, dass das Verhalten des Beraters ursächlich für den Schadenseintritt war.

Die Wohlverhaltensregelns des WAG sind unabdingbar, daher auf sie kann nicht vertraglich verzichtet werden.  Im WAG findet sich keine Rücktrittsmöglichkeit von einem Anlageberatervertrag, ein solches Recht lässt sich allenfalls aus dem Konsumentenschutzgesetz (§ 3 KSchG – Konsumentenschutzgesetz) oder dem Fern – Finanzleistungsdienst Gesetz (Fern–FinG) erschließen.

zur Schadenshöhe:

Der Geschädigte ist bei pflichtwidriger Anlageberatung so zu stellen, wie er bei richtiger Beratung stünde. Er kann den Ersatz des Vertrauensschadens verlangen. Der Anspruch bemisst sich danach, welche Aufwendungen und Erträge der Anleger bei richtiger Beratung gehabt hätte, abzüglich der tatsächlichen Aufwendungen und Erträge. Die erzielten und wieder reinvestierten und in der Folge wieder verlorenen Beträge haben bei der Schadensberechnung außer Betracht zu bleiben.

ab wann kann man Klage einbringen?

Eine Feststellungsklage ist bereits dann zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts gegeben ist.

Eine Leistungsklage ist hingegen erst nach dem Verkauf der Papiere zulässig. Danach könnte der Anleger die Differenz zwischen Verkaufs– und Erwerbspreis zuzüglich der Erwerbskosten als Schaden ersetzt verlangen. Ein realer Schaden liegt bereits im Erwerb einer Anlage, die nicht der vom Kunden gewünschten Risikoklasse entspricht. Der Berater hat dem Anleger das richtige Papier d.h. das seiner Risikoklasse entsprechende, Zug um Zug gegen Übernahme des erworbenen Papiers zu verschaffen und wenn dies nicht erhältlich ist, ist dessen aktueller Wert dem Anleger in Geld zu ersetzen. Verweigert der Berater seine Mitwirkung an dieser Art des Ersatzes, ist der Anleger berechtigt, die unerwünschte Anlage zu verkaufen und den Ersatz seines gesamten Schadens in Geld zu verlangen.

Mitverschulden des Anlegers?

Hat der Anleger vom Berater erfolglos die Abnahme der Papiere gegen (Geld-)Ersatz verlangt, kann ihm im Regelfall weder das Abstoßen zur Unzeit noch das Behalten als Mitverschulden vorgeworfen werden. Wenn die Bank bzw. der Berater vermeint, dass der Anleger den Schaden vergrößert bzw. zumindest nicht zu dessen Verminderung beigetragen hat, indem er in etwa  das Papier zu einem ungünstigen Zeitpunkt aufgekündigt hat, so wird dies die Bank bzw. der Anleger unter dem Titel der Schadensminderungsverpflichten als Mitverschuldenseinwand geltend zu machen suchen.

Nach herrschender Meinung ist der Geschädigte jedenfalls nicht zu Verfahrensschritten verpflichtet, die mit einem bedeutenden Kostenrisiko verbunden sind oder geringe Aussichten auf Erfolg haben. Über ein im Zeitpunkt der Beratung durch nicht indiziertes Veruntreuungsrisiko („allgemeines Lebensrisiko“) muss nicht aufgeklärt werden.

Anlageberater als Erfüllungsgehilfe und allfällige Eigenhaftung des Beraters:

 Der Anlageberater ist als Erfüllungsgehilfe grundsätzlich seinem Geschäftsherrn zuzurechnen, wobei die Vereinbarung zwischen Anlageberater und Geschäftsherrn keine Schutzwirkung zugunsten des Kunden entfaltet. Eine Eigenhaftung des Vertreters besteht nur im Ausnahmefall; wenn sein Verhalten keinem Geschäftsherrn zurechenbar ist; bei Vorhandensein eines ausgeprägten eigenwirtschaftlichen Interesses am Zustandekommen des Vertrages oder bei Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens in besonderem Maß (z.B. Verwandtschaftsverhältnis).

in Österreich keine Sammelklagen:

In Österreich gibt es anders als in Amerika nicht die Möglichkeit einer Sammelklage (so genannte „class action“). Um das Prozessrisiko gering zu halten empfiehlt es sich, dass sich Geschädigte in ähnlich gelagerten Fällen zusammenschließen und zunächst den Fall als Musterakt zu Gericht bringen, der einen geringen Streitwert aufweist und sich untereinander ausmachen, bei Prozessverlust sich die Kosten untereinander aufzuteilen. Hierbei ist natürlich die Verjährung (siehe gleich) der einzelnen Fälle nicht aus den Augen zu verlieren.

Verjährungsproblematik:

Der Verjährungseinwand des Beraters kann jedoch einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen, wenn der Gläubiger davon ausgehen konnte, dass dieser seinen Anspruch befriedigen wird oder diesen nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft. Es ist ratsam eine Verjährungsverzichtserklärung einzuholen. Die Verjährungsfrist beginnt ab Kenntnis des Geschädigten vom Schaden, wobei Beschwichtigungsversuche des Beraters auf der Tatsachenebene die Erkenntnis des Schadenseintritts hinausschieben.